WissenOhneWissen
NichtWissen
Wissen
Heute geht es um Susannes Blogparade zum Thema #NichtWissen. Danke für den Impuls, liebe Susanne.
Können Wir Wissen Ohne Wissen?
Als ich mich vor über 10 Jahren mit dem Thema Hochsensibilität befasste, beschloss ich, keine Nachrichten mehr zu lesen, zu hören und zu schauen, um meine Reizaufnahme zu vermindern. Am Anfang war es etwas komisch, über die Zeit fiel es mir immer leichter, dazu zu stehen und es vor anderen zu vertreten. Natürlich begegnen mir auch heute noch Aussagen, wie „Das musst du doch wissen!“ oder „Hast du das nicht mitbekommen?“ oder „Du musst doch wissen, was in der Welt los ist!“ oder andere Aussagen. Doch inzwischen lassen sie mich nicht mehr an mir oder meiner Entscheidung zweifeln, denn
1) Habe ich bisher nichts verpasst.
2) Lebe ich ruhiger, ohne mir all den Weltschmerz auch noch in meinen Alltag zu holen.
3) Kann ich heute schmunzeln, wenn ich ein Titelblatt oder ein Zeitungscover lese.
Für mich ist dieses #NichtWissen, ich möchte fast sagen, überlebenswichtig, da ich mir sowieso schon so endlos viele Gedanken über alles mache. Würde ich mich nun auch noch mit den Schlagzeilen beschäftigen und mir jeden Tag ansehen oder anhören, wo jemand stirbt oder gefangen genommen wird, wo Krieg herrscht, wo Menschenrechte verletzt werden etc., dann würde ich morgens nicht mehr nur nicht aufstehen, sondern nicht mal mehr aufWACHEN wollen.
Für mich sind Nachrichten eine Zusatzbelastung, da ich mich schlecht abgrenzen kann, und ich bin froh, sie aus meinem Leben entfernt zu haben. Außerdem leben wir in einer Welt, in der inzwischen ALLES auf allen Kanälen oder Plakaten oder Bildschirmen erscheint. Manches bekomme ich also trotzdem mit – ob ich will oder nicht.
Selbst zu Coronazeiten habe ich alles gemieden, was mit Nachrichten zu tun hatte und manchmal habe ich mich gefragt, wie witzig es gewesen wäre, wenn ich wirklich GAR NICHTS davon mitbekommen hätte und beim Einkaufen mal jemanden gefragt hätte, warum sich plötzlich alle das Gesicht bedecken 😉 Oder wenn ich mal jemanden gefragt hätte, ob die Kassierer plötzlich Angst vor Menschen haben, oder wofür diese Plexiglasscheiben sind, hinter denen dann der Paybackscanner und das EC-Kartengerät quasi unerreichbar scheinen.
Letztendlich hatte ich mein Verhalten nicht wirklich verändert, WEIL ich eben gar nicht alles wusste und erst recht nicht alles befolgte. Ich glaube, wäre mein Mann kein fleißiger Nachrichtenleser und hätte mir nicht das eine oder andere erzählt, würde sich mein Wissen darauf beschränken, dass die Menschen komisch wurden, plötzlich Masken trugen, sich gegenseitig anschwärzten und dass ich bei manchen Ärzten vor der Praxis warten musste und bei anderen gar nicht erst in die Sprechstunde durfte. Ach ja, und dass ich meinen einjährigen Sohn nach seiner OP im Aufwachraum nicht mit meinem Gesicht berühren, ihn nicht küssen durfte. Ähm ja, das möchte ich jetzt gar nicht weiter ausführen.
Jedenfalls bin ich der Meinung, dass ich weder alles wissen muss noch alles wissen kann. Durch meine Studien bin ich voll mit Wissen und weiß doch gleichzeitig ganz oft nichts davon, denn wie wird uns denn Wissen vermittelt? Schubladen, Akkordlernen, Lernen für den Moment. Viel zu viel Wissen in viel zu kurzer Zeit bekommen wir vermittelt, und wir merken uns, ich weiß es nicht, nicht mal die Hälfte? Oder wisst ihr noch, wie eine Kurvendiskussion geht? Oder eine Interpretation von Kafkas „Die Verwandlung“? Oder wie das mit der Plattentektonik genau funktioniert(e) und was eine Diffusion ist? Der eine oder andere wird sagen „Klar, weiß ich noch!“ Doch meistens wissen wir noch genau das aus den Fächern, die uns interessierten. Bei mir gibt es selbst da viele Lücken. Ich habe immer das Gefühl, ich habe vielmehr ein VERSTÄNDNIS für Wissen. So lernte ich auch immer: Ich wollte und musste es verstehen, um es dann anwenden und wiedergeben zu können. Ich hasste das Auswendiglernen. So passiert es mir auch heute noch, dass ich Bücher lese und sich in mir ganz viel „Ah!“ und „Oh!“ und „Wow, verstehe.“ und „Aha!“ oder andere begeisterte Aussagen breit machen und ich total begeistert bin, von dem, was ich lese und verstanden habe und was endlich Sinn ergibt und schlüssig ist und sich gut anfühlt. Und wenn ich es dann jemandem erzählen will, fehlen mir schlichtweg die Worte. Ich kann es NICHT erklären. Manchmal bin ich frustriert und manchmal stolz, weil ich es scheinbar auf einer tieferen Ebene einfach nur VERSTANDEN habe, es fühle, und das vielleicht auch schon alles sein darf, und ich es nicht WISSEN muss in dem Sinne, dass ich anderen erzähle, was ich alles weiß. Ergibt das Sinn für euch? Vielleicht ja, vielleicht nein. Vielleicht kennt das jemand von euch ja auch, vielleicht auch nicht. Jedenfalls lese ich viel und weiß auch viel, aber irgendwie auf einer anderen Ebene. Und deswegen muss ich auch keine Nachrichten hören, sehen oder lesen, weil es da diese Ebene in mir gibt, die doch auch so weiß und fühlt, was los ist auf der Welt. Klingt dir zu abgedroschen? Mir auch manchmal. Aber besser kann ich es nicht beschreiben:
Fakt ist: Ich bin froh, dass ich vieles nicht weiß, und dass ich weiß, wo viele Dinge stehen 😉 Und dass viele Menschen schon gesagt, gedacht und geschrieben haben, was ich weiß, und auch das, was ich noch nicht weiß – vielleicht noch nicht bewusst weiß. Denn alles in allem haben wir doch alle das notwendige Wissen über Gott und die Welt in uns 😊 Wir brauchen nur hinschauen, hinfühlen und SEIN.
In diesem Sinne: Ein Hoch auf das #NichtWissen
Alle Fotos dieses Blogbeitrages wurden von der lieben Franzi von Streifenblicke Fotografie gemacht. Danke @streifenblicke_lustbilder 😊
Liebe Jenny
Herzlichen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade zum #NichtWissen. Ich erlebe das Wissen und «Neuigkeiten» auch oft als Last und schütze mich davor. Wie du schreibst, ist das eine überlebenswichtige Strategie bei Reizüberflutung.
Ich feiere dein Hoch auf das #NichtWissen und wünsche dir vollkommenes Sein.
Herzlich
Susanne
Liebe Susanne,
vielen lieben Dank 😊
Es hat mir Freude bereitet, hierzu einen Beitrag zu leisten. Ich glaube, für viele ist es so völlig „normal“, sich jeden Tag diesem „Wahnsinn“ auszusetzen. Für mich ist es hingegen inzwischen völlig normal, es NICHT zu tun. Und das Beste dabei ist: Ich vermisse NICHTS davon! 😊
Wie so vieles im Leben, so hat auch das #NichtWissen etwas mit Mut zu tun, und dem möchte ich mehr und mehr folgen, denn Mut tut gut! 😉
Alles Liebe
Hallo Jenny,
Ich fühle das so gut, was Du über den Nachrichtenkonsum geschrieben hast. Ich bewundere, dass Du so konsequent auf Nachrichten verzichten kannst.
Ich selbst habe meinen Konsum auch deutlich reduziert, einmal am Tag reicht und es muss auch nicht jeden Tag sein. Und ja, es ist gut einen Partner zu haben, der einem das Wesentliche zusammenfasst 🙂
Liebe Sabine,
Danke für dein Feedback 😊
Ich verstehe, dass das ungewohnt erscheint. Für mich ist es die pure Normalität *hihi*
Als ich damit anfing (bzw. eben aufhörte 😉) hatte ich eine Buchidee, die sich mit dem ganzen Schmerz und Elend der Welt befasste. Heute weiß ich, dass ich dazu keine Nachrichten benötige, sondern es auch so spüre und darüber ein Buch schreiben könnte. Viel wichtiger aber ist, dass ich heute mehr und mehr lerne, meinen Fokus von dem vermeintlich Schlimmen der Welt abzuziehen und auf die schönen Dinge im Leben zu richten. Das ist nicht immer leicht, doch für mich immerhin leichter als wenn ich mich noch mit allen Problemen der Welt befasse. Mag für viele egoistisch klingen, für mich ist es ein bedeutsames Filtern und Prioritäten Setzen. Indem ich Nachrichten schaue und mitleide, helfe ich niemandem. Wenn ich aber in meine Kraft komme und die Liebe in die Welt trage, die ich bin und an die ich glaube, dann kann ich der Welt und den Menschen mehr helfen und geben als wenn ich weinend mit Herzrasen Nachrichten schaue oder nachts vor Angst nicht schlafen kann.
Und wenn ich mal was wissen will, dann weiß ich jederzeit, wo es steht oder ja, wen ich fragen kann 😉
Herzliche Grüße